Die aktuelle Seite:Hausaufgabenbuch 6. Woche
Ich sag’s mit zwei Bildern aus meiner eigenen Lehrertätigkeit. Zwei, drei standardlaute Schüler in einer Klasse machen aus der Idee eines entspannten, modernen, offenen Unterrichts, der auf den einzelnen Schüler eingehen könnte, einen vollkommen anderen Unterrichtsstil. „Standardlaut“ sind für mich junge Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – verinnerlicht haben, dass laut, wild und völlig ausgelassen menschliche Grundstandards sind, also völlig normal und eigentlich immer angebracht – außer man wird zu einem unnormalen Verhalten durch Druck gezwungen. Das sind also junge Menschen, die einem so vorkommen, als gäbe es einen inneren Befehl, dauernd die Grenzen zu testen. Sie kommen übrigens schon am Gymnasium genau so standardisiert an. Wahrscheinlich auch schon in der Grundschule. Je mehr der prozentuale Standardlaut-Anteil in einer Klasse, desto schlechter wird mein eigentlicher Unterricht, weil auf beiden Seiten – lehrer- wie schülerseits- Hirnkapazitäten an ein ganz anderes Arbeitsfeld gebunden sind. Nämlich vom Schüler aus gebunden an: Lücken suchen, durchstarten, abbremsen, warten, wieder loslegen. Damit man seine Späßchen kontinuierlich laufen lassen kann, die ohne Unterricht meist in eine große Einzel-Lautstärke übergehen. Und bei mir als Lehrer heißt es: Lücken schließen, Vorsichtsmaßnahmen treffen, Strafmaßnahmen durchführen, Dompteurjobs erledigen. Unterrichtsinhalte müssen auf beiden Seiten Einbußen erleiden. Am allermeisten natürlich bei standardlauten Schülern selbst. Standardlaute Schüler sind – aus meiner Alltagserfahrung erzählt, natürlich deshalb meist auch die schwachen Schüler. Wie auch anders. Ohne Training wird niemand wirklich gut.
Vor kurzem erzählte mir ein Schüler, der in der Mittelstufe extrem standardlaut war, dass jetzt in der Kursstufe die Lehrer viel besser wären. Allerdings musste er beim genauen Hinsehen selbst erkennen, dass es eigentlich die selben Lehrer waren, nur: Seine Ernsthaftigkeit hatte sich gewaltig verändert. Er ist inzwischen dem für manche eben heftigen Pubertätstunnel erwachsen entstiegen. Seine Standardlautstärke ist vollkommen heruntergedreht. Aber – und das ist meine Erfahrung – auch im Tunnel kann man die Lautstärke herunterdrehen, zumindest wenn man in Not ist, fast sitzenbleibt und dann den Tipp bekommt, die Leistungen doch einfach mit reduzierter Standardlautstärke zu erreichen. „Ich passe jetzt einfach auf. Und es macht Spaß!“ sagte vor einiger Zeit ein Mädchen einer 9. Klasse in einem unserer Beratungskurse, die sich innerhalb eines Jahres von einer versetzungsgefährdeten Schülerin zu einer Schülerin gewandelt hatte, die fast nur Zweien im Zeugnis trug. Man sollte es zumindest weitererzählen, wie einfach es manchmal geht. Und wenn es dann doch nicht so einfach funktioniert, dann hilft Vertrauen auf das Ende des pubertären Tunnels. Nur eines hilft garantiert nicht: Die platte Formel, dass doch die Lehrer dafür da sind, diese standardlauten Probleme für das eigene Kind doch bitteschön pädagogisch sanft aus der Welt zu schaffen.
Für Schüler/innen vertiefend unter www.maennerrevolte.de